Viel Geld für Gedöns

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Die Stadt spricht sich für teure Freizeitmöglichkeiten aus. Sie will einen Pumptrack bauen und einen Kunstrasenplatz. Aber für eine notwendige Entlastung am Nadelöhr der Werrabrücke fehlt das Geld.

Von Stefan Otto

Manchmal scheinen die Prioritäten ein wenig zu verrutschen. Die Stadt Witzenhausen plant für eine halbe Million Euro einen Pumptrack auf der Werrawiese – einen asphaltierten Parkour zum Skaten, Radfahren, Rollerfahren. Und sie möchte für weitere 800 000 Euro einen Kunstrasenplatz errichten lassen – bei extrem knapper Kassenlage. Für eine sichere Überquerung der Werra fehlt dagegen das Geld. Das ist das Ergebnis der vergangenen Diskussionen im Stadtparlament.

Stadtverordnetenvorsteher Peter Schill (SPD) brachte seine Meinung auf dem Punkt, als er kürzlich im Bauausschuss sagte, wenn die Stadt keine Förderung für eine separate Brücke neben der Altstadtbrücke bekommt, dann werde die schwarz-rote Koalition einem solchen Bau nicht zustimmen. Dann wird die unangenehme und gefährliche Situation für all jene bleiben, die nichtmotorisiert die Werra queren. Das ist eine Zumutung!

Fehlende Prävention und Provokationen

Eine solche Politik missachtet das hessische Verkehrssicherheitskonzept, das den Gedanken der Prävention verfolgt. Unfallschwerpunkte sollten demnach entschärft werden, bevor schwerwiegende Unfälle geschehen. Schill meinte aber in der Sitzung, dass die Situation gar nicht so schlimm sei, schließlich sei noch niemand dort totgefahren worden.

Der Satz war als Provokation gegenüber der Opposition gemeint und hat auch jene Unmutsäußerungen hervorgerufen, die er offenbar hören wollte. Die Situation zeigt, dass er als einer der einflussreichsten Lokalpolitiker in Witzenhausen die nötige Ernsthaftigkeit für das Thema vermissen lässt. Solche verharmlosenden Äußerungen sind kontraproduktiv, und sie sind nicht im Sinne der Bürger:innen.

Was wir brauchen, ist gerade bei einer angespannten Finanzlage eine Fokussierung aufs Notwendige – wichtig ist, dass auch die schwächsten Verkehrsteilnehmenden sicher von hier nach da kommen. Wir brauchen eine Entschärfung der Situation auf der Werrabrücke – und zwar jetzt und nicht erst in 15 oder 20 Jahren!

Machbarkeitsstudie für das Nadelöhr

Ein konstruktiver nächster Schritt wäre eine Machbarkeitsstudie für den Bau einer Brücke für Zufußgehende und Radfahrende. Die müsste auch eine Verkehrszählung beinhalten. Wir brauchen es schwarz auf weiß, dass ein beträchtlicher Teil der Witzenhäuser:innen auf der Brücke zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind und keinesfalls eine zu vernachlässigende Minderheit, wie das aus den Reihen der CDU und SPD bisweilen zu hören ist.

Eine solche Machbarkeitsstudie muss auch die Fördermöglichkeiten für eine solche Brücke eruieren. Die Stadtverwaltung scheint danach allenfalls halbherzig zu suchen. Wie es anders laufen kann, hat Frankenberg an der Eder vorgemacht. In der hessischen Kleinstadt wurden drei Fahrradbrücken mit dem Bundesprogramm „Stadt und Land“ gefördert, die neue Verbindungen von Wohngebieten mit der Innenstadt schaffen. Dafür wurde die Stadt im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Fahrradpreis ausgezeichnet. Das Beispiel zeigt, wenn der politische Wille da ist, dann ergibt sich auch ein Weg für eine Umsetzung.